EuGH schickt ganz Europa zurück an die Stechuhr

Systematische Arbeitszeiterfassung verpflichtend für alle

Diese Rückkehr zur bürokratischen und kleinkarierten Arbeitszeiterfassung der 1960er Jahre kann man als moderner Unternehmerverband nur mit großer Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Es scheint, als ob der EuGH von Errungenschaften wie Vertrauensarbeitszeit noch nie etwas gehört habe. Entsprechend harsch und verständnislos fiel die Kritik der gesamten Wirtschaft aus. Der deutsche Gesetzgeber hat nun die Aufgabe, das antiquierte Urteil aus Luxemburg hierzulande wenigstens durch möglichst zeitgemäße Lösungen umzusetzen.

Noch dringender als bisher schon wird durch die EuGH-Entscheidung die vom DEHOGA geforderte Arbeitszeitflexibilisierung im deutschen Arbeitszeitgesetz. Sonst besteht die große Gefahr, dass zahlreiche Unternehmer, Mitarbeiter und Führungskräfte kriminalisiert werden. Im Gastgewerbe muss für Mitarbeiter mit einem Monatsgehalt bis zu 2.958 Euro ohnehin bereits die Arbeitszeit aufgezeichnet werden. Ausnahmen gelten nur für enge Familienangehörige sowie für Mitarbeiter, die seit mindestens zwölf Monaten nachweislich und stetig mehr als 2.000 Euro verdienen. Der DEHOGA erwartet von der Politik, dass diese Dokumentationspflichten keinesfalls noch weiter verkompliziert werden. Das bedeutet, es muss weiter möglich sein, die Dokumentationspflicht so zu erfüllen, wie es der Größe und den Bedürfnissen des Betriebes entspricht – sei es durch elektronische Zeiterfassung, sei es durch manuelle Aufzeichnung. Dem steht unseres Erachtens das EuGH-Urteil auch nicht entgegen. Für die meisten Arbeitsverhältnisse in Hotellerie und Gastronomie ändert, sich also zunächst einmal nichts.

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Da, wo bislang noch keine Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung besteht (also bei Arbeitnehmer oberhalb dieser Verdienstgrenzen), muss der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum intelligent genutzt werden, damit Hotels und Restaurants nicht in Bürokratie ersticken. Insbesondere muss es möglich sein, die Aufzeichnungspflicht auf den Arbeitnehmer zu delegieren.

Adressat des EuGH-Urteils sind in erster Linie die EU-Mitgliedstaaten, die jetzt ihre nationalen Regelungen überprüfen und ggf. anpassen müssen. Allerdings müssen auch Gerichte bei der Auslegung von Gesetzen die EuGH-Rechtsprechung berücksichtigen. Auch bereits vor einer Änderung des deutschen Arbeitszeitgesetzes kann das Urteil deshalb im Fall für Streitigkeiten über die Arbeitszeit Wirkung entfalten. Aus dem EuGH-Urteil ergeben sich dagegen keine Schlussfolgerungen auf vergütungsrechtliche Regelungen, insbesondere die Möglichkeit, die Abgeltung von Überstunden zu pauschalieren. (DEHOGA)

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