Minister Heil legt erneut Lunte an Tarifautonomie

Unsere in den vergangenen Jahren vielfach geäußerte Sorge, dass der Mindestlohn immer mehr Spielball der Politik wird, ist erneut genährt worden: Denn schon knapp ein halbes Jahr nach der sprunghaften Erhöhung auf 12 Euro hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil über die Ostertage in den Medien die Erwartung einer „deutlichen Steigerung“ des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2024 kundgetan. Aus unserer Sicht hingegen wäre es systematisch logisch und notwendig, wieder in den vom Mindestlohngesetz vorgesehenen Zwei-Jahres-Rhythmus zu kommen. Will heißen: Die nächste Mindestlohnanpassung sollte erst zum 1. Oktober 2024 kommen. Und klar ist auch: Die Politik sollte sich aus der Lohnfindung heraushalten.

Noch nicht einmal ein halbes Jahr ist seit der sprunghaften und außerplanmäßigen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022 vergangen. Unternehmen und Tarifpartner haben die Herausforderung, die daraus resultierenden Lohn- und Kostensteigerungen in ein funktionierendes Preis- und Tarifgefüge einzupassen, teilweise noch nicht vollständig umgesetzt. Da macht Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erneut deutlich, wie wenig Respekt er im Zweifel vor der Tarifautonomie und der Arbeit der Sozialpartner hat: Über die Osterfeiertage äußerte er im Bild-Interview die Erwartung einer „deutlichen Steigerung“ des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2024 aufgrund von Inflation und „ordentlichen Tariferhöhungen“.

Kritik an diesem Vorgehen kam sogleich aus der Mindestlohnkommission: BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter geißelte den Vorstoß des Ministers als Sabotage an der Arbeit der unabhängigen Kommission, die im Juni 2023 einen Vorschlag für die nächste Anpassung zu unterbreiten hat. Üblicherweise orientiert sie sich dabei an der sog. nachlaufenden Tarifentwicklung, d.h. am Durchschnitt der bereits erfolgten Tarifabschlüsse. Jetzt scheine aber „Staatslohnsetzung statt Tarifpolitik die Maßgabe aus dem Arbeitsministerium zu sein“, so Kampeter.

Der DEHOGA hatte bereits Anfang März dieses Jahres in seiner Stellungnahme gegenüber der Mindestlohnkommission vorgeschlagen, die nächste Mindestlohnanpassung erst zum 1. Oktober 2024 umzusetzen. So käme man wieder in den vom Mindestlohngesetz vorgesehenen Zwei-Jahres-Rhythmus. Im Gastgewerbe gibt es etliche längerfristige Tarifverträge mit Laufzeiten bis weit ins Jahr 2024 hinein, diese würden sonst erneut zu Makulatur. Nicht nur die Mitarbeiter, auch Unternehmen und Gäste kämpfen mit den Auswirkungen der hohen Inflation. Würde der Mindestlohn kurz nach der letzten drastischen Erhöhung erneut deutlich steigen, würde das die Lohn-Preis-Spirale weiter antreiben. Das ist das Gegenteil von Inflationsbekämpfung.

Zurück