Mindestlohn-Tarifverhandlungen mit Gewerkschaft NGG gescheitert. Lohnerhöhungen von mehr als 20 Prozent gefordert. DEHOGA MV lehnt tarifpolitische Experimente dieser Dimension ab! 8,50 Euro ab 1. Januar 2015!

Der Deutsche Bundestag hat das sogenannte Tarifautonomiestärkungsgesetz und damit einen einheitlichen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro ab 1. Januar 2015 beschlossen.

Der DEHOGA hatte sich in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv und mit vielen guten Argumenten für Korrekturen im Sinne der Branche in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Nachdem die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart hatten, den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro einzuführen, waren die Möglichkeiten der Arbeitgeber- und Branchenverbände, die Einführung aufzuhalten oder weitreichende Ausnahmen zu erreichen, allerdings eng beschränkt. Der gesetzliche Mindestlohn stellt aus Sicht des Verbandes ein gigantisches arbeitsmarktpolitisches Experiment dar. Welche Kostensteigerungen, welche Arbeitsplatzverluste oder gar Betriebsschließungen damit verbunden sein werden, ist derzeit nicht absehbar. Die damit verbundenen Personalkostensteigerungen liegen in einigen Regionen bei 20 % und mehr, auch bei vielen Zulieferern werden durch den Mindestlohn die Kosten steigen, was natürlich durchschlägt. Betrachtet man allein den gültigen Entgelttarifvertrag in Mecklenburg-Vorpommern, ab September 2014 liegt der Bruttostundenlohn in der Entgelttarifgruppe 2 (un- und angelernte Arbeitskräfte) bei 7,50 Euro, bedeutet dies für einen tarifgebundenen Betrieb mit 50 Mitarbeitern (bei 173 Monatsstunden laut Manteltarifvertrag) ab Januar 2015 eine Lohnkostensteigerung von 103.800 Euro per Anno ohne Arbeitgeberleistungen.

Vor dem Hintergrund dieser enormen Belastung, hat der DEHOGA seit Bekanntwerden der gesetzlichen Regelung versucht, die Möglichkeiten zur stufenweisen Annäherung an den gesetzlichen Mindestlohn zu nutzen. Dabei sieht das Gesetz vor, dass bundesweite Tarifverträge, die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz durch Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich erklärt wurden, für max. drei Jahre (bis Ende 2017) vom gesetzlichen Mindestlohn abweichen können. In diesem Sinne hat der DEHOGA auf Bundesebene mit der Gewerkschaft NGG seit März ein Sondierungsgespräch und drei Verhandlungsrunden hinsichtlich eines bundesweiten Mindestlohn-Tarifvertrages geführt. Der DEHOGA MV Präsident Guido Zöllick war Vertreter in dieser Kommission für unser Land und zeitgleich der Verhandlungsführer seitens des DEHOGA.

Trotz aller Bemühungen sind in der gestrigen dritten Runde die Mindestlohn-Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft NGG gescheitert. Ziel der intensiven Verhandlungen war es dabei stets, den durch den Gesetzgeber eingeräumten zeitlichen Korridor zur Erreichung des Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro für den Osten Deutschlands arbeitsmarktverträglich zu gestalten und mittels eines Stufenmodells hier den Anschluss zu erreichen.
Die Gewerkschaft NGG hat diese Bemühungen durch maßlose Forderungen zunichte gemacht und nimmt Arbeitsplatzverluste insbesondere für die neuen Bundesländer billigend in Kauf.

Der DEHOGA hatte in der gestrigen Verhandlungsrunde angeboten, die Tariflöhne im Osten stufenweise bis 1. September 2016 auf 8,50 Euro anzuheben sowie ab 1. April 2017 einen Mindestlohn von 8,60 Euro zu vereinbaren. Mit dem verantwortungsvollen Angebot wäre die stufenweise Angleichung erreicht, ein Anschluss hergestellt und die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes, der per Gesetz für 2015 sowie 2016 bei 8,50 Euro liegt, ab 2017 bereits überschritten worden.

Die Gewerkschaft NGG dagegen hatte Lohnerhöhungen von mehr als 20 Prozent gefordert. Diese Forderungen liegen nicht nur weit über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, sie stehen zudem in krassem Widerspruch zu der vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeit, für eine Übergangsfrist tarifvertragliche Überleitungen bis zum Erreichen des gesetzlichen Mindestlohns zu vereinbaren.

Die Forderungen der Gewerkschaft NGG im Überblick:

  • 1. Juni 2015: 8,50 Euro
  • 1. November 2015: 8,80 Euro
  • 1. Mai 2016: 9,15 Euro
  • 1. Januar 2017:9,55 Euro
  • 1. Juli 2017: 10,00 Euro

Dem Verband ging es in jeder Verhandlung immer um eine wirtschaftlich machbare Stufenregelung hin zum Mindestlohn. Mit genau dieser Zielstellung ist man in die Gespräche gegangen und hat dies auch von der ersten Minute an so kommuniziert. Die aktuellen Tarifentgelte in den untersten Lohngruppen Ostdeutschlands liegen zurzeit zwischen 7,21 Euro und 7,87 Euro. Die Forderungen der NGG waren deshalb verantwortungslos, inakzeptabel und gingen am Ziel der Gespräche weit vorbei.

Eine Stufenregelung wäre für viele Betriebe im Ostteil der Republik, gerade auch für Mecklenburg-Vorpommern, wichtig gewesen. Die Gewerkschaft NGG hat eine Chance vertan. Sie nimmt ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation im Osten Deutschlands Arbeitsplatzverluste in Kauf. Dem konnte und wollte der DEHOGA nicht zustimmen. Als Arbeitgeber stehen die Branchenbetriebe bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Familien in der Verantwortung. Tarifpolitischen Experimenten in dieser Dimension musste daher im Hinblick auf das wirtschaftlich vertretbare und den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze eine klare Absage erteilt werden.

Das Scheitern der Gespräche zeigt zudem auch, dass das Mindestlohngesetz einen massiven Eingriff in die Tarifautonomie darstellt. Das Nachsehen haben föderal strukturierte Organisationen mit bewährten regionalen Tarifstrukturen. Die Politik setzt die repräsentativen Tarifverträge, die im Osten Stundenlöhne unter 8,50 Euro vorsehen, außer Kraft und greift damit in die Tarifautonomie ein. Dies ist nach Einschätzung des Verbandes verfassungsrechtlich höchst bedenklich.“

Was bedeutet dies nun für die Branche?

Da das Tarifgeschehen im bundesdeutschen Gastgewerbe föderal strukturiert ist und eine nationale Branchenlösung an der Gewerkschaft NGG gescheitert ist, gilt ab 1. Januar 2015
der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro flächendeckend. Das Mindestlohngesetz MiLoG, als Teil des Tarifautonomiestärkungsgesetzes, verdrängt dann ab dem Zeitpunkt alle bisher bestehenden gastgewerblichen Tarifverträge, soweit diese Bruttolohnhöhen unter 8,50 Euro vorsehen. Das gilt sowohl für die regionalen Flächentarifverträge, als auch für Haustarifverträge und spezielle Segmenttarifverträge (z.B. Systemgastronomie), und zwar auch dann, wenn sie mit Laufzeiten über den 1. Januar 2015 hinaus abgeschlossen sind.

Diese Regelung betrifft auch den Entgelttarifvertrag in Mecklenburg-Vorpommern. Hier speziell die untersten beiden Entgelttarifgruppen. In der Entgelttarifgruppe 2 (un- und angelernte Arbeitskräfte) läge der vereinbarte Bruttostundenlohn im Januar 2015 bei 7,50 Euro, in der Entgelttarifgruppe 3 (ausgelernte Jungfacharbeiter) bei 7,95 Euro. Alle weiteren Entgelttarifgruppen liegen dann bereits schon über dem gesetzlichen Mindestlohn. Die Folge ist, dass die beiden Entgelttarifgruppen mit Bruttostundenlöhne unter 8,50 Euro unwirksam werden und gewissermaßen „im Geiste“ durch die Summe 8,50 Euro ersetzt werden müssen. Im Übrigen bleibt der Tarifvertrag unverändert gültig.

Das Scheitern der Tarifverhandlungen hat zumindest dazu geführt, dass die Branche hier im Land nunmehr Planungssicherheit hat. Die Option einer stufenweisen Annäherung konnte nicht gezogen werden, das Wirksamwerden des gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro ab dem 1. Januar 2015 steht damit fest.

Der Mindestlohn gilt dabei grundsätzlich für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Ausnahmen gibt es bei Jugendlichen unter 18 Jahren und Langzeitarbeitslosen. Die gegenwärtig bekannten Details hinsichtlich der konkreten Umsetzung des Mindestlohngesetzes, hat der DEHOGA unlängst mittels eines Rundschreibens „Was bedeutet der gesetzliche Mindestlohn für Hotellerie und Gastronomie? Fragen und Antworten für die betriebliche Praxis im Gastgewerbe“ publiziert. Hierauf sei an dieser Stelle nochmals verwiesen.

Die Einführung des Mindestlohns wird das Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern ohne Frage finanziell enorm belasten. Umso wichtiger ist, dass auf der Einnahmen- und auf der Kostenseite die Weichen richtig gestellt werden. Denn nur so kann die Vielfalt der gastgewerblichen und touristischen Leistung hier im Land erhalten bleiben – auch auf den Dörfern und in strukturschwachen Regionen. Es gilt also, für mehr Wertschätzung und faire Preise für Deutschlands Gastgeber zu werben.

 

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