Saisonauftakt der Tourismuswirtschaft // Branche startet optimistisch in die neue Saison

Arbeitszeitgesetzgebung droht zum Wachstumskiller zu werden

Hier könnten nicht zuletzt auch durch das starre Arbeitszeitgesetz und fehlende Möglichkeiten zum Anwerben von Fachkräften aus dem nichteuropäischen Ausland Engpässe entstehen, die der qualitativen und quantitativen Entwicklung des Tourismusstandortes Mecklenburg-Vorpommern schaden. Dieser Gefahr gilt es durch geänderte politische Rahmenbedingungen zu begegnen.“

Außerdem sagte Guido Zöllick: „Erfreulicherweise konnte sich die Branche auch im Umsatzbereich stabilisieren. Die Gastronomie verbuchte im vergangenen Jahr einen nominalen Umsatzanstieg von 2,7 Prozent (real 0,3 Prozent). Der Umsatz in den Beherbergungsbetrieben kletterte um 7,5 Prozent nach oben (real +5,7 Prozent). Diese Zahlen sind zwar erfreulich, doch an dieser Stelle muss auch gesagt werden, steigende Umsätze sind noch kein Garant für bessere Betriebsergebnisse.“

Neben den erfreulichen touristischen Zahlen kann auch bei den Beschäftigungsverhältnissen eine positive Entwicklung konstatiert werden. Die Gastronomie legte hier im Vergleich zum Vorjahr um 4,0 Prozent zu, die Zahlen der Beschäftigten in der Hotellerie stiegen um 1,2 Prozent.

Insgesamt gab es im Sommer letzten Jahres im Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern 37.600 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Präsident Zöllick, der zeitgleiche Präsident des DEHOGA Bundesverbandes dazu: „Das Gastgewerbe hier im Land bestätigt die positive Entwicklung bei den Beschäftigungsverhältnissen bundesweit und belegt einmal mehr, dass die Branche ein Jobmotor ist.

Damit sich die positive Entwicklung fortsetzen und die Qualität aller touristischen Dienstleistungen gesteigert werden können, müssen die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – insbesondere den Arbeitsmarkt betreffend – stimmen. Hierzu führt Präsident Zöllick aus: „Eine aktuelle Branchenumfrage belegt, dass das Gastgewerbe als eine der arbeitsintensivsten Dienstleistungsbranche massiv unter der starren Arbeitszeitgesetzgebung leidet. Hier droht ein Qualitätsverlust.“

Zeitgleich verwies Zöllick auf die DEHOGA-Umfrage im Zusammenhang mit der Kampagne „Höchste Zeit für Wochenarbeitszeit“. Die Ergebnisse für Mecklenburg-Vorpommern (180 Betriebe) erschrecken genauso, wie die bundesweiten Angaben der Umfrage-Teilnehmer: 48,9 Prozent der Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie in Mecklenburg-Vorpommern haben seit 2015 wegen des Arbeitszeitgesetzes ihre Öffnungszeiten reduziert. 50,0 Prozent der Betriebe haben ihr Leistungsangebot (Küchenzeiten, Speiseauswahl, Veranstaltungen, Mittagstisch, Catering) eingeschränkt und 22,9 Prozent ihre Ruhetage erhöht.

Der DEHOGA hält die starre tägliche Höchstarbeitszeit im geltenden Arbeitszeitgesetz von regelmäßig acht, im Ausnahmefall maximal zehn Stunden für nicht mehr zeitgemäß. Er macht sich deshalb stark für eine Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. So könnten Arbeitszeiten individuell und flexibel auf die Woche verteilt werden, ohne die Gesamtarbeitszeit zu verlängern.

„Es geht nicht um mehr Arbeit“, erklärte Zöllick anlässlich der Landespressekonferenz und im Rahmen des Tourismustalkes auf der Abendveranstaltung, „sondern um eine bessere Verteilung der Arbeitszeit. Gesundheitsschutz, Jugendarbeitsschutz und Mindestruhezeiten bleiben gewahrt. Wir berufen uns dabei auf die EU: Die Europäische Arbeitszeitrichtlinie sieht die Möglichkeit vor, Arbeitszeiten flexibler auf die Woche aufteilen zu können. Die Wochenarbeitszeit nach EU-Recht schafft Flexibilität. Von daher sind wir mit unserer Kampagne ‚Höchste Zeit für Wochenarbeitszeit‘ ins Bundestagswahljahr gestartet.“

Zusätzlich sieht Präsident Zöllick Handlungsbedarf bei dem Zuzug möglicher Arbeitskräfte aus dem nichteuropäischen Ausland. „Der Fachkräftebedarf, der allen Prognosen nach weiter ansteigen wird, kann aus dem Erwerbspotential im Land auf Dauer nicht mehr gedeckt werden. Von daher ist es notwendig, den Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger zu öffnen. Durch die Aufnahme des Gastgewerbes auf die Positivliste der Mangelberufe bei der Bundesagentur für Arbeit würde sich dieses Fenster öffnen und die Unternehmen des Gastgewerbes könnten international nach Fachkräften suchen.

Neben diesen Hemmnissen spürt insbesondere die kleinteilige Gastronomie in ihrem qualitativen Wachstum einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil. Zöllick dazu: „Gerade die Gastronomie in der Fläche steht nicht immer auf der Sonnenseite des Tourismus und spürt den Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen lebensmittelverarbeitenden Branchen deutlich. In Zeiten von sich explosionsartig ausbreitenden Online-Lieferdiensten und der ständigen Ausweitung von gastronomischen Angeboten im Lebensmitteleinzelhandel, im Fleischer- und im Bäckerhandwerk verstärkt sich unsere Forderung nach steuerlicher Gleichbehandlung aller lebensmittelverarbeitenden Branchen. Hier sind die politisch Handelnden gefordert – nur Steuergerechtigkeit schafft die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb und macht so ein qualitatives Wachstum in der Gastronomie möglich.“

Apropos Qualität. Dazu der Präsident des DEHOGA MV: „Es ist erfreulich, dass sich mit dem Ostseeheilbad Zingst die erste Kommune in Mecklenburg-Vorpommern klar zur Qualität bekannt hat und von der Initiative ServiceQualität Deutschland als ServiceQ-Gemeinde zertifiziert wurde.“

Nach rund anderthalb Jahren intensiver Arbeit und konsequenter Ausrichtung in Sachen ServiceQualität konnten in Zingst insgesamt 32 Unternehmen zertifiziert und 68 Mitarbeiter als Qualitäts-Coaches ausgebildet werden. Zöllick abschließend: „Solche eine klare Orientierung auf Qualität durch alle Tourismusakteure in einer Destination ist der richtige Weg, um auch zukünftig im Wettbewerb um Urlauber bestehen zu können. Nur die gemeinsame Arbeit an der Qualität in allen Bereichen lässt Gäste zufrieden sein und gern wiederkommen. Ich rufe daher alle Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern auf, es Zingst gleich zu tun.“

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